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Verlag Klett-Cotta, Stuttgart, 2017, ISBN 978-3-608-96130-0, 175 Seiten, Klappenbroschur, Format 20,5 x
12,6 cm, € 14,95

Der Männer- und Alternsforscher Eckart Hammer spricht von einer Konjunktur des Großvaters unter
anderem deshalb, weil die steigende Lebenserwartung zum ersten Mal in der Geschichte zu einer
nennenswerten gemeinsamen Zeit von Großeltern und Enkeln geführt hat. Während über zwei Drittel aller
Kinder, die vor 1890 geboren wurden, keine Großeltern erlebten und jeder zweite Mann aus dem
Geburtsjahrgang 1871 mit 45 tot war, erleben zwei Drittel der in den 1980er Jahren geborenen Kinder noch
mindestens drei der vier Großeltern. „Heute liegt bei der Geburt des ersten Enkelkindes der Anteil der noch
lebenden Großeltern bei 90 Prozent“ und drei „Viertel aller Großväter erleben noch die Volljährigkeit ihres
ersten Enkelkindes“ (Eckart Hammer S. 28). Großeltern und Enkel werden füreinander wichtiger, weil die
Zahl der Geschwister ab- und die Frauenerwerbsquote zunimmt, der Unterstützungsbedarf von Familien
steigt und die von den Werten der 1968er Jahre geprägte Generation der Männer eher bereit ist, sich mit der
eigenen Rolle auseinanderzusetzen.

„Getreu dem holländischen Sprichwort ›Großväter sind Väter, die vom lieben Gott eine zweite Chance
bekommen haben‹ ergreifen sie ihre Chance und sind nicht mehr bereit, die Kinder den Frauen zu überlassen.
Es sind Männer, die in der Enkelbetreuung nachholen, was sie bei ihren eigenen Kindern verpasst haben und
dem sie oft schmerzlich nachtrauern […]. Großväter brauchen Enkel – und Enkel brauchen Großväter […].
Großvaterschaft ist für Männer eine wichtige Entwicklungsaufgabe, bei der sie zum einen nochmals frühere
Entwicklungsphasen durchleben und andererseits die für das höhere Lebensalter so wichtige Generativität
entfalten können“ […]. Schließlich können Großväter ihre Söhne in ihrer „Vaterrolle unterstützten und für
ihre Enkel wichtige Brücken in die Welt und gelegentliche Verbündete gegen die elterliche Übermacht
sein“ (Eckart Hammer S. 12 und 15). Sie stärken das männliche Element in einer zunehmend weiblichen
Sozialisationswelt, können in schwierigen Familienkonstellationen zum Vermittler, aber auch zum
Scheidungsopfer werden und drüber hinaus so etwas wie Lehrmeister der Vergänglichkeit. Wenn sie keine
eigenen Enkel haben, können sie sich in der Rolle von Leihgroßvätern ausprobieren.

Hammers Studie ermutigt dazu, die eigene Rolle als Großvater zu entdecken, durchzudenken und die
durchschnittlich 15 bis 20 gemeinsamen Jahre überlegt zu planen und aktiv zu gestalten.

ham, 25. August 2017

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