• ORT :

    Nordheimer Scheune, Talstraße 31/1, 74226 Nordheim
  • Datum:

    17. Oktober 2020
  • Zeit:

    15 – 20 Uhr. Hailin Wang und Helmut A. Müller stehen zu informellen Gesprächen zur Verfügung

Hailin Wang, Röhrichte I, 2020, Öl und Acryl auf Leinwand, 85 x 145 cm

 

Landschaftsmalerei zählt neben der Historien-, Porträt-, Stilleben- und Genremalerei zu den fünf klassischen Gattungen der neuzeitlichen westlichen Malerei. Aus der Antike sind Landschaftsmalereien vor allem im Medium der Wandmalerei überliefert. Im Mittelalter wird der illusionäre landschaftliche Tiefenraum ent-deckt. Im 18. Jahrhundert avanciert das Erhabene neben dem Schönen zur zentralen Kategorie. Im 19. Jahr-hundert setzt sich in der Malerei der subjektive Blick auf die Natur durch. William Turner, John Constable und die Impressionisten verstehen die Landschaftsmalerei als wissenschaftlich-experimentelle Erforschung übernatürlicher Natur- und Wahrnehmungsprozesse. Die Avantgarden des frühen 20. Jahrhunderts gehen in die Abstraktion. In Gerhard Richters Werk, in dem seit 1963 Landschaften entstehen und lange Zeit dominie-ren, erscheinen sie und die Abstraktion nicht als Gegensätze, sondern als verwandte Konzepte von Wirklich-keitsaneignung.

In den Landschaften der 1988 in Ningbo, China geborenen Hailin Wang wird die in China hoch angesehene Landschaftsmalerei mit der europäischen Tradition zusammengedacht. Wang hat von 2007 bis 2011 an der Kunstakademie Sichuan in China und von 2012 bis 2017 an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe Malerei studiert und 2017 und 2018 als Meisterschülerin von Marijke van Warmerdam abge-schlossen. Wie schon in Werken der Dynastie der Tang-Kaiser in China (617/18 bis 907) zählt bei Wang mehr die Stimmung und die Atmosphäre als die naturgetreue Darstellung und die exakte Nachbildung. Wie im „Blau-Grün-Stil“ des Malers Li Sixun (651 – 716) und seines Sohnes Li Zhaodoo (frühes 8. Jahrhundert) finden sich auch bei Hailin Wang immer wieder blaue, grüne und gelbe Farbtöne. Stark beeinflusst haben sie der im frühen 12. Jahrhundert lebende chinesische Maler Wang Ximeng (1096 – 1119) aus der Song-Dynas-tie und der im langen 19. Jahrhundert lebende US-amerikanische Maler James Abbott McNeill Whistler (1834 – 1903).

Hailin Wang mischt seit 2015 Öl- und Acrylfarben und nützt ihre inkompatiblen Eigenschaften, um den Ein-druck zu erwecken, dass ihre Bilder ähnlich wie die chinesische Tuschemalerei aus dem Fließen der Farben entstanden sind. Sie vermeidet die exakte Darstellung einzelner Gegenstände. Details und die Vielfalt der Farben kommen durch Kontraste und eine kontrollierte Verwendung und Anordnung der Farben zur Wir-kung. Ihre Malerei ist im Grunde eine zum Bild gewordene Erinnerung und eine Imagination. Sie setzt auf spezielle Farb- und Lichteffekte und inkompatible Perspektiven und verschmilzt sie mit traditionellen Mal-techniken. Ihre Inspiration findet sie in in der zufälligen Wahrnehmung alltäglicher Gegebenheiten. Fleckiges Licht, verschwommene Wälder, Lichter, Gräser und Häuser sind vertraute Motive, die man jeden Tag sehen kann. In ihrer Kombination wirken sie fremd und bringen den Betrachter dazu, seine Gedanken schweifen zu lassen. Eine unrealistische Farbgebung steigert den Ausstieg aus dem Vorfindlichen und bringt das Schwei-fen der Gedanken auf den Höhepunkt.

Wangs Gemälde halten eine bestimmte Stimmung fest, frieren einen Anblick, einen Schauplatz oder einen Moment des Lebens ein und bringen ihn visuell auf den Punkt. Sie speichern ihn auf und geben ihn an den Betrachter weiter, etwa so, wie wenn man in die verborgene Ecken des Lebens blicken würde. Der authenti-sche Kern dieser Gemälde ist die Vorstellung, dass Märchen wahr und ein idyllisches Leben möglich werden könnten. Dem dient auch die artifiziellen Komposition der Farben und Formen im Bildraum.

Corona-bedingt verzichten wir auf die gewohnte klassische Eröffnung und verlängern dafür die Eröffnung der Ausstellung am Samstag, den 17. Oktober 2020 auf den Zeitraum 15 – 20 Uhr. Hailin Wang und Helmut A. Müller führen in informellen Gesprächen in die Ausstellung ein. Wir bitten um das Tragen eines Mund-und Nasenschutzes, das Einhalten der erforderlichen Sicherheitsabstände und Ihre schriftliche Anmeldung per E-Mail ham@helmut-a.muller.de oder Ihre telefonische Anmeldung unter 07133/9004900. 

 

 

Kommentare sind geschlossen.

COPYRIGHT © 2023 Helmut A. Müller